24. September 2023 - 04. November 2023

Lexia Hachtmann

ES HING IN DER LUFT WIE

Die derzeit in London lebende Malerin Lexia Hachtmann zeigte inder Galerie Mellies farbenfreudige und ausdrucksstarke figurative Bilder mit einem Hauch Melancholie.

1993 in Berlin geboren, geht sie nach England, um ganz bewusst im Ausland Kunst zu studieren.

Nach einer ersten Station in Brighton, währenddessen sie ihr Kunst und Design-Diplom ablegt, kehrt sie 2013 nach Deutschland zurück, wo sie bis 2021 an der Universität der Künste in Berlin Freie Kunst studiert und dort schließlich in der Klasse von Mark Lammert im Bereich Malerei Meisterschülerin wird.

Im Anschluss geht es abermals nach England, wo Lexia Hachtmann ihren Master-Studiengang an der renommierten Slade School of Fine Art in London aufnimmt und im Sommer 2024 dort abschließen wird.

Wie kosmopolitisch ihre bisherigen Schritte bereits waren, wie international ausgerichtet und ambitioniert ihr Werdegang, beweisen darüber hinaus diverse Stipendien und Aufenthalte, u.a. ein vom Goethe Institut initiierter Arbeitsaufenthalt in Griechenland oder Austauschprogramme nach Bukarest oder Brüssel.

2024 wird Lexia Hachtmann ihre erste Solo Show in Seoul, Korea, haben.

In ihrem Portfolio sieht man zunächst viel Alltägliches. Diese Trivialitäten reichert Lexia Hachtmann mit viel untergründiger zwischenmenschlicher Intimität und einem geradezu auratischem Pathos an.

Diese so assoziativ wirkenden Bilder scheinen dabei inspiriert von einer sehr bunten traditionellen lateinamerikanischen Malerei, wie z.B. der der Kolumbianerin Beatriz González. Ähnlich wie sie, malt Lexia Hachtmann Beziehungen, auch Spannungen und Gefühlswelten, und füllt diese auf mit verstörten abwesenden Gesichtern, die sie mit einer fast zeitlupenhaften, bühnenhaftigen Bildsprache  inszeniert.

Auch Elvira Bachs Bilder aus der Phase, die von ihrem Aufenthalt in der Karibik geprägt sind, könnten Pate gestanden haben. Jedoch ohne das Laute, Schrille, ohne das Ornamentale und leicht Kitschige. Eher berührt Lexia Hachtmanns Werk die Intimität in der Malerei Paula Regos oder Nicole Eisenmanns.

Sie selbst nennt Michael Armitage als eine ihrer stilbildenden Inspirationsquellen, ebenso Jennifer Packer mit ihren leuchtenden Farben oder auch Luc Tuymans. Tuymans Flächigkeit der Gesichter sowie seine Anschnitte meint man auch in den Bildern von Lexia Hachtmann wiederzufinden.

Im Gegensatz zu Tuymans oder auch anderen Neo Expressionisten wie Wilhelm Sasnal, Magnus Plessen, Marlene Dumas und Eberhard Havekost malt Lexia Hachtmann jedoch nicht ausgehend von Fotografien sondern freihand nach Skizzen.

Dicke raumfüllende Pinselstriche bestimmen Lexia Hachtmanns Malerei. Keine manieristische Trompe l’ æil-Malerei, die Perspektive und Dreidimensionalität vortäuschen will. Eher sind es menschliche Archetypen in erratischen exemplarischen Situationen, die ihre Bilder bevölkern.

Manchmal fehlen Ohren und sind hinter Frisuren verdeckt, die wie Kopftücher abgebildet sind. Finger an den Händen sind zu Fäustlingen und Flächen zusammengefasst. Körperliche Überbleibsel, verstümmelt, getunt, die mehr skulptural als malerisch wirken.

Lexia Hachtmanns Bilder zeigen in einer feinen Ökonomie der Mittel Menschen als Farbträger und sind wahre Realitätsverweigerer. Ein farbiger Homunculus hier, ein bunter Golem dort. Fackelnde Ausgeburten einer Conditio humana.

Die verdrehten, verzögerten Bewegungen, die knappen eingefrorenen Haltungen in Lexia Hachtmanns Bildern, erinnern stark an die unkonventionellen, extrem konzentrierten und aufgeladenen, schneckenhaft-verlangsamten Abläufe der frühen Theater-Aufführungen Robert Wilsons. Und scheinen in ihren Bildern stilistisch ähnlich in die Länge gezogen, ebenso kaum aushaltbar, extrem dramaturgisch, ja fast statisch und versteinert.

Das Verlangsamen und Anhalten der Zeit ist für Lexia Hachtmann stilprägend und scheint über Allem zu stehen. Genau damit trumpft sie auf!

Heute dermaßen formal und absolut zu malen ist ungeläufig, ist ausgefallen und ungewöhnlich, sicher auch schwer einzuordnen aber eben auch emotional sehr ergreifend, ja, packend. Und vielleicht deshalb in ihrer erfrischenden und so sonderbaren dialogischen Perspektive zur tradierten malerischen Herangehensweise gerade so modern.

Wenn man sich ein Inne-halten zutraut, ein In-der-Luft-hängen meint aushalten zu können und allerlei Schwebezustände ausloten möchte, ist man eingeladen sich die Ausstellung anzusehen. Man wird von den Bildern auf eine sehr heutige und zeitgeistige Art gehalten.

Ausstellungsansichten