05. Januar 2025 - 02. März 2025

Nele Waldert

flüstern

Die Finissage mit Nele Waldert ist am 2. März 2025 von 11 – 13 Uhr. Sie sind herzlich eingeladen!

Die 1964 geborene Nele Waldert kommt als bereits etablierte, vielfach präsentierte und preisgekrönte Vertreterin einer magischen Figuration in die Galerie Mellies und zeigt Skulpturen, die sich vorwiegend dem Wechselspiel von Mensch und Natur widmen.

Ihre kunsthandwerkliche Ausbildung begann sie 1986 in Graz, wo sie die Meisterschule für Bildhauerei 1994 absolvierte. Sie studierte daraufhin an den Kunstakademien in München und Düsseldorf, wurde dort Meisterschülerin von Professor Fritz Schwegler, gewann u.a. den Preis der Darmstädter Sezession und erhielt mehrfach internationale Stipendien für bildhauerische Arbeitsaufenthalte, u.a. für Marseille und Paris.
Von 2004 bis 2011 übernahm sie Lehraufträge an der Kunstakademie Düsseldorf und der Universität Paderborn und unterrichtete dort Bildhauerei.

Seit 1990 stellt sie ihre Skulpturen in zahlreichen Galerien, Kunstvereinen und Museen im In- und Ausland aus. Beispielsweise in der Orangerie des Schloss Schwetzingen, im Museum Fridericianum Kassel oder im Stadtmuseum Düsseldorf.

Kontextgebend für die in Düsseldorf lebende und arbeitende Bildhauerin Nele Waldert sind vorwiegend Fundstücke aus der Natur, wie Astwerk, Zweige, Waldfrüchte, Gräser, Platanenholz oder Tannenzapfen, die sie mit menschlichen Figuren montiert und verwebt. Manchen Skulpturen fügt sie Teilstücke von Vasen hinzu.

Darüber hinaus setzt sie auch abstraktere Formen ein, aus Glas, Keramik, Peddigrohr oder Kristall, die sie häufig selbst anfertigt.
Ihre Verwandlungsformen scheinen aus regelrechten Übergangswelten zu stammen, die wir – einmal gesehen – trotz oder gerade wegen ihrer Pygmäengröße nicht mehr aus den Augen bekommen.

Mit ihren kleinen weißen oder schwarzen, in ihrer Urform belassenen und immer wieder replizierten Humanoiden, hält sie alles Bekannte und Sichtliche an und hebt es aus den allseits bekannten kunstgeschichtlichen Kontexten, aus Klassifikationen und Traditionslinien heraus.

Das vertraute Setting von Figuration ist aufgehoben. Nichts bleibt, wie es war. Aus einer oft vegetabilen Herangehensweise kristallisieren sich wie aus Wachträumen seltsamste Zusammenhänge und Figuren heraus.

Nele Waldert zeigt dabei einen feinen Sinn für ungewöhnliche Figurenzeichnung. Bei ihr werden ihre oft hüfthohen Skulpturen, ihre Büsten und Wandkeramiken zu einem Spiel mit verschiedenen Ebenen und das Wort Naturverbundenheit bekommt bei ihr eine ganz neue und eigenwillige Nuance, ist fast buchstäblich auf den Kopf gestellt.

Die Verbindung von Mensch und Natur wird, indem sie zu Ende formuliert wird, in ein gänzlich neues Licht gestellt und wartet schließlich mit einem unerwartbaren künstlerischen Aufschluss auf.

Meist sind es Gliedmaßen oder ein aufgeplatzter Mund, die aus sich heraus verästeln und zu Zweigen werden, Wurzeln und Gestrüpp mitschleppen oder einen Schwall von Ästen regelrecht „aussprechen“.

Nele Walderts anthropomorphe menschliche Kreaturen sind aufgrund ihrer Fantasy-Elemente vergleichbar mit den Tierskulpturen der Amerikanerin Kiki Smith. Nur bekommen sie bei Nele Waldert einen ganz anderen Twist, wirken spuk- und märchenhafter, so als hätte Nele Waldert sie noch einmal angespitzt.

Die Verbindung zur Natur, die Nele Waldert immer wieder figurativ herstellt, besonders zu Bäumen und deren Wurzeln und Ästen, ähneln den Werken der Waliser Künstlerin Laura Ford aus ihrer Serie „espaliered girl“ (2007), „espaliered woman“ (2007) und „Little espaliered girl“ (2018) oder der Arbeit „Wurzelmänner“ (2019) von Sibylle Peretti.

Birgit Diekers Arbeit „Geweihte“ von 2016 gleichen sowohl der Figur „Mann (mit Rehfüssen)“ von 2015, als auch der raumgreifenderen Skulptur „Großer Tänzer“ von 2020 von Nele Waldert.

Nele Walderts Büsten zeigen Bezüge zu den Porzellanbüsten von Juliette Clovis, decken sich aber auch mit den überdimensionierten zweieinhalb Meter großen Bronzeabgüssen und -büsten des Bildhauers Mark Manders. Nele Waldert benutzt wie Manders keilförmige Quader quasi in-between, als Insert in den Köpfen, gleich so als hätten Kinder einen Lego- oder Baustein in eine Knetfigur gedrückt.

Ihr meisterhafter Umgang mit dem Material Holz oder wie sie Alltagsgegenstände oder Kugeln in ihre Skulpturen einbaut, erinnert an den Norditaliener Willy Verginer.

Die überwuchernde, sprießende und keimende Vegetation, die wie Rost alles unwirklich verändert, korrespondieren mit den Arbeiten von Yui Ishibashi.

Kristalle, Pelze und Glasformen einfach und zunächst ganz wesensfremd auf den Schultern ihrer Figuren zu positionieren, erinnern in ihrem minimalen künstlerischen Eingriff an die berühmte Fotoserie des Japaners Osamu Yokonami, in denen in Schuluniformen gekleidete Kinder Zitronen oder Apfelsinen zwischen Kopf und Schulter geklemmt bekommen haben.

In all ihren Arbeiten kommt es zu einer Art Transfer. Mal bohrt sich eine Naturgewalt aus verdorrendem Buschwerk und Gehölz wie ein Degen in die Figuren, mal legt sie sich wie eine Feder auf sie, eignet sich ihr Wesen an, okkupiert und verändert die Figuren ganz unwirklich. Macht sie zu magischen tänzerischen neuen Wesen zwischen Fauna und Flora.

Dies alles funktioniert jedoch nur, weil sie die Figuren, die sie sozusagen als „Träger“ formt und baut, vorher in wirklich handwerklicher Perfektion umzusetzen weiß.

Nele Waldert setzt dabei häufig Polymergips ein. Aber auch ganz profanes Pappmaché, Styropor oder Polyester. Immer wieder tauchen unter allen möglichen Hölzern selbstgeblasenes Glas, Bronze, Stuckmarmor, Sandstein, Alabaster und Blech bei ihr auf.

Mit jedem Material weiß sie meisterhaft umzugehen und zeigt sich als eine Bildhauerin reinsten Wassers. Durch den perfekten handwerklichen Unterbau legt sie den Grundstein zu ihrer sehr ernsthaften Beschäftigung mit so existenziellen Themen wie Natur und Mensch, Märchen und Ökologie.

Das erfordert in der Rezeption eine intensivere Lesart, um das Handwerkliche, die Sorgfalt und das Kundige unter dem Draufgelegten und Angefügten zu entdecken.

Diese Stellage einer so umfassenden handwerklichen Ausbildung ist dann der fruchtbare Boden, der das Gerüst für die thematische Überwelt darstellt, die die naturhafte Seelenlage darauf so präzise hervorzubringen weiß, die die gezeigte Urwüchsigkeit der Figuren sowohl luftig als auch so nahbar erscheinen lässt.

So erst wirkt die Ausstellung bis in die kleinsten Verästelungen hinein.