20. Juni 2021 - 01. August 2021

Aaron Rahe

FALLING SENSATIONS

Mit Aaron Rahe hielt ein Künstler Einzug in die Galerie Mellies dessen oft kernige Gemälde eine überbordernde Freude am Gestaltungswillen zeigen. In seinen absurden Bildwelten zeigen sich sowohl kuriose als auch rätselhafte Parabeln und ein ihnen innewohnendes nervöses Gespür fürs Malerisch-Bombige.

Aaron Rahe stammt aus dem Teutoburger Wald. Geboren in Georgsmarienhütte zog es ihn zunächst an die Carl von Ossietzky Universität nach Oldenburg, an der er neben Kunst und Medien auch Philosophie studierte. 2010 folgte sein Master an der Kunsthochschule Kiel. Vier weitere Jahre später absolvierte er die Universität der Künste in Berlin, an der er schließlich 2015 Meisterschüler wird.

Neuerdings hat er den Wirkungskreis seiner Ateliers in Oldenburg und Berlin mit einem Studio in Osnabrück erweitert. Überdies von sich reden machte Aaron Rahe bereits seit einigen Jahren mit diversen Auszeichnungen für seine Malerei.

So erhielt er u.a. 2018 den Förderpreis Malerei der Kulturstiftung der Öffentlichen Versicherungen Oldenburg, im vergangenen Jahr wurde er für den Kunstpreis Osnabrück nominiert und gewann in diesem Jahr den Förderpreis Junge Kunst der kommunalen Galerien in Berlin Reinickendorf.

Seit seiner ersten Ausstellung 2009 konnte sich Aaron Rahe bereits in illustren Ausstellungen in ganz Deutschland profilieren, u.a. in Museen (z.B. Museum Villa Stahmer in Georgsmarienhütte, Museumsquartier Osnabrück), Galerien (Galerie Lake, Oldenburg oder die Kommunale Galerie in Berlin Charlottenburg) und in Kunstvereinen (u.a. Kunstverein Centre Bagatelle, Berlin, Kunstverein Vechta).
Dass seine Bilder auch über internationales Potential verfügen, konnte man bereits in Ausstellungen in Moskau, Prag, Strasbourg, Brüssel oder Enschede sehen.

Malerisch kann man seine Bilder sowohl von der noch sehr ähnlichen Farbwelt her als auch von den waldigen deutschen Inhalten her vielleicht am ehesten in die Nähe der ersten Bilder von Georg Baselitz ansiedeln. Aaron Rahe malt zwar ebenso gestisch, bei ihm werden die Farben aber eher getupft; nicht so ruppig und viel feiner aufgetragen.
Aaron Rahes große Geste liegt vielmehr in einer Freude am Sujet, am Fabulieren.

Nachdem er sich von einer frühen Phase, die sich eher noch in der abstrakten Hard Edge-Malerei manifestierte und an gegenstandslose konstruktivistische Bilder eines Ellsworth Kelly, Sean Scully oder Bernard Frize erinnerte, gelöst hat, bevölkerten fortan monströse figurative Inhalte seine Bilder, die der Bad Painting-Malerei zugeordnet werden können.
Aaron Rahe emanzipierte sich also schon sehr früh und sehr unverkrampft von einer ihn umgebenden greifbaren Realität. Dabei entwirft Aaron Rahe in seinen Bildern oft eine Art bühnenhaftes Tableau mit Bäumen und Schwarzwald-Landschaften im Hintergrund und collagenhaft angeordneten Menschen, Smileys, comicartigen Tier- und Kartoffel-Wesen im Vordergrund.

Die Determinante in dem malerischen Œuvre Aaron Rahes, das Amalgan seiner Bilder ist Humor und Pop.

Seine augenzwinkernd-hanswurstigen Bilder bewegen sich in einer langen künstlerischen und kulturellen europäischen Tradition und stellen sie auf ein ganz neues zeitgenössisches Podium. Das Nonsens eine scharfe Klinge sein und die Gesellschaft und mithin das System Kunst auf sehr despektierliche Art unterminieren kann, weiß man spätestens seit der Commedia dell‘ arte Italiens und der Dada-Bewegung, die sicherlich das Copyright inne haben auf alle noch folgenden Eulenspiegeleien und Valentinaden in der Kunst.

In der Kunst und Malerei übertrugen Daumier und Goya die Karikatur der Bauernschläue ins Malerische. Und selbst Velasquez befasste sich malerisch gern mit Hofnarren. In der moderneren Kunst denkt man schnell an Picabia, Polke oder Kippenberger, die den gesellschaftlichen Wertekanon gerne und oft in ihren zeitgenössischeren Werken humorvoll auf die Schippe nahmen und konterkarierten. Der komödiantische Einfallsreichtum von Aaron Rahe erinnert an David Shrigley, an den Pulp Paul Mc Carthys, bei näherer Betrachtung fallen einem auch Parallelen auf zu den Figuren des Schweden Joakim Ojanen. Maler und Malerinnen wie Jim Avignon, Aneta Kajzer oder der Maler 4000 stehen momentan sicher auch in einer formalen Nähe zu Aaron Rahes Bildern.
Seine Bilder vereinen die Derbheit John Currins mit der Leichtfüßigkeit der Karikaturen z.B. eines Bernd Pfarr und zeigen sehr beredt und stilsicher, dass eine Malerei des Komischen und Absurden mittlerweile zu einer ganz eigenen Disziplin und respektablen Gattung in der Kunstwelt avancieren konnte.

Aaron Rahe fordert Sehgewohnheiten heraus und schlägt ihnen ein Schnippchen.Verballhornt und veräppelt ungeschönt. Er bewegt sich gern und virtuos und ganz angstfrei im malerischen Porzellanladen. Seine Bilder sind kein gut geschnittener Anzug… sie sind fröhliche Partykluft.
Und nach den spaßgebremsten letzten Monaten, stehen Leichtigkeit und Witz – ein malerischer Big Bang in Reinkultur – jedweder Ausstellung sicher gut zu Gesicht. Ganz farbenfroh entwirft Aaron Rahe dabei eine durchaus kritische Parallel-Welt, die sich zwischen Hotdogs, Aluhüten und Centerfold-Katzen wie auf einer Kinderschaukel gekonnt und spielerisch hin und her bewegt. Aaron Rahe verwurstet schier alles. Und genau dieser sehr diverse Ansatz ist es, der seine Malerei so frisch und mutig, so unkalkulierbar macht.

Dies sollte zeitgenössische Kunst – im besten Sinne – sicher auch immer sein!

Katalog Aaron Rahe FALLING SENSATIONS

 

Der schöne Schreck beim unerwarteten Fallen

Ausstellungsansichten